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Internationaler Frauentag 2024: “Habt Vertrauen in eure Fähigkeiten!”



Dr. Josefine Lenz Polarforscherin am Alfred-Wegener-Institut | Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

Polarforscherin Josefine Lenz über Permafrostforschung, das Bürgerforschungsprojekt „UndercoverEisAgenten“, ihr Engagement bei Explore Science und die Herausforderungen für Frauen in der Wissenschaft

Wie bist du zur Polarforschung gekommen?
Ich war jung, wollte die Welt sehen – und verstehen. Ich hatte das Glück, ein paar Ecken der Erde bereisen zu können. Bei diesen Reisen und während meines Studiums der Geografie habe ich festgestellt, dass mich vor allem die Prozesse interessieren, welche die Landschaften formen. Das sind neben Wasser, Wind und Wetter auch Gletscher. Mein Studium führte mich unter anderem nach Island und in die kanadische Arktis – und da ist es dann um mich geschehen. Die Weite der baumlosen Tundra zu sehen, das war sehr besonders. Seitdem hat mich die Polarforschung nicht mehr losgelassen, genauer gesagt die Erforschung des gefrorenen Untergrundes, des Permafrosts. 

Was gefällt dir am besten an deinem Forschungsgebiet?
Die Entwicklung der arktischen Permafrostregion zu verstehen, ist unglaublich wichtig. In der Arktis gibt es mittlerweile mehr als vier Millionen Menschen, die ihr Leben auf Permafrost aufgebaut haben. Die Arktis erwärmt sich derzeit jedoch rasanter als jeder andere Teil der Erde etwa vier Mal so stark. Dies führt zum Auftauen des gefrorenen Untergrundes, dem sogenannten Permafrost, der dadurch instabil wird. Durch den Abbau eingefrorener Pflanzenreste werden zudem Treibhausgase freigesetzt, die die globale Erwärmung weiter beschleunigen. Letztlich forschen wir an einer schwindenden Welt, die es so in der Form nicht mehr ewig geben wird.

Woran hast du geforscht und an was arbeitest du aktuell?
In meiner Forschungsarbeit habe ich Seen untersucht, die durch das Tauen von Permafrost entstehen. Dabei habe ich Bohrkerne entnommen und dann mit meinen Laboranalysen wie in einem Geschichtsbuch in die Vergangenheit geschaut. Ich konnte sehen, welche Veränderungen der See durchlebt hat und auch wie viel Kohlenstoff er abgelagert hat. Heute koordiniere ich ein Bürgerforschungsprojekt, die „UndercoverEisAgenten“. Hier fliegen Schüler:innen in Kanada mit Drohnen über Permafrostlandschaften und Schulklassen in Deutschland werten die Bilder mit einer App aus. Im Gegensatz zu Gletschern ist Permafrost nämlich nicht so einfach an der Erdoberfläche sichtbar und ist daher schwieriger durch Satellitendaten zu überwachen. Unser Ziel ist es, mit Hilfe der jungen Bürgerforschenden die Beobachtungen zum Tauen von Permafrost zu verbessern.

Was erwartet die Besucher:innen dieses Jahr vom 5. bis 7. September am Stand des Alfred-Wegener-Instituts bei Explore Science in Bremen?
Es gibt wieder echten Permafrost bei uns am Zelt. Wir zeigen, was passiert, wenn Permafrost auftaut und was das für eine Relevanz für das Ökosystem und auch für das globale Klima hat – da beim Auftauen durch den Abbau von organischer Substanz Treibhausgase entstehen. Wir bringen natürlich auch unsere Citizen Science-Kartierungsanwendung mit. Dabei können die Kinder und Jugendlichen selbst am Bildschirm zu Permafrost-Forschenden werden. 

Bei Explore Science bringst du Kindern und Jugendlichen das Thema Permafrost und dessen Auswirkungen auf das Klima näher. Warum engagierst du dich bei Explore Science?
Die Begegnung von Wissenschaft und Gesellschaft fand ich schon immer spannend. Kinder stellen einfach die besten Fragen. Der Austausch mit den Besuchenden ist auch eine Bereicherung für den wissenschaftlichen Denkprozess. Bei uns kann jeder mitmachen und Permafrost entdecken und kartieren. Das macht einfach Spaß.

Was motiviert dich bei deiner Arbeit?
Zum einen ist natürlich Polarforschung schon für sich ein Abenteuer und zwar eines, das man nur im Team erlebt – das mag ich daran, dass ich mit Menschen verschiedener Interessen und Hintergründe zusammenarbeite. Gerade mit dem Ansatz der Bürgerforschung beim Projekt „UndercoverEisAgenten“ haben wir diesen Aspekt der Vielfältigkeit noch viel mehr dabei.

Im Hinblick auf den heutigen Weltfrauentag, welchen Rat würdest du jungen Frauen in der Wissenschaft geben?
Habt Vertrauen in eure Fähigkeiten. Das Wissenschaftssystem ist nicht so einfach, dem sollte sich jede bewusst sein. Aber eure Kompetenzen werden euch helfen, ein gutes Netzwerk aufzubauen und es ist auch wertvoll, sich Unterstützung zu holen, zum Beispiel in Form von Mentor:innen. Es ist aber auch gut, sich früh bewusst zu machen, was einem wichtig ist. Prioritäten dürfen sich über die Zeit verändern und es ist okay, neue Wege zu finden. Also geht achtsam mit euch und euren Ressourcen um. Nichts ist so beständig wie die Veränderung und das gilt auch für die Arbeit in der Wissenschaft.


Das „UndercoverEisAgenten“ Projekt wird bei Explore Science in Mannheim im Herzogenriedpark (12.-16.06.) am Stand vom HITS, Heidelberger Institut für Theoretische Studien, und HeiGIT, Heidelberg Institute for Geoinformation Technology, und auch in Bremen im Bürgerpark (05.-07.09.) an der Mitmachstation des Alfred-Wegener-Instituts vorgestellt. Alle Besucher:innen können hier mitmachen, Permafrost entdecken und kartieren.


Das Interview führte Alisa Koch

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